Eigentlich ist Ennio Morricone schuld daran, dass sich Michael Dinner der Panflöte verschrieben hat, genauer gesagt Morricones Soundtrack zu „Once upon a time in America“. Die melancholischen Klänge jener Panflöte faszinierten ihn schon als Kind. So wollte er auch spielen können. Dass er dereinst bei Gheorghe Zamfir Unterricht nehmen würde, jenem Mann, der in Morricones Filmmusik die Panflöte gespielt hatte, das hätte er sich freilich nie träumen lassen, als er mit zehn Jahren erstmals Panflötenunterricht nahm.
Schnell zeigte sich, dass Dinners Wahl richtig war. „Ich war vergiftet“, sagt er und erzählt mit einem schelmischen Lächeln, wie ihn die Mutter manchmal bat aufzuhören, wenn er ein ums andere Mal dieselbe Passage übte. Das Engagement trug Früchte: Schon als Teenager übernahm er die Leitung seiner Panflöten-Gruppe; bald hatte er erste Schüler.
Dennoch schlug Dinner vorerst keine Berufsmusiker-Laufbahn ein, sondern lernte Hochbauzeichner. Die Wende kam 1997, als Dinner das Atelier des verstorbenen Panflötenbauers Thierry Tutellier übernehmen konnte. Vom Panflötenbau wusste der damals 23-jährige nur wenig, obwohl er zu Tutelliers Lebzeiten oft in dessen Atelier gewesen war und die Instrumente für seine Schüler dort bezogen hatte. „Thierry Tutellier machte ein grosses Geheimnis aus dem Panflötenbau“, sagt Dinner. „Er hat mir nie etwas davon verraten.“
Fortan setzte Dinner ganz und gar auf die Musik. Und er knüpfte erste Kontakte nach Rumänien, dem Land, dessen Folklore es ihm angetan hatte. Den Anstoss gab der virtuose rumänische Panflötist Dan Herford. Herford suchte seinerseits Kontakte in die Schweiz und stiess dabei auf Dinners Homepage – die erste Internetseite für Panflöten in der Schweiz. Die beiden Männer wurden Freunde; seit dem Jahr 2000 organisieren sie regelmässig das international anerkannte Swiss Panflötenseminar, eines der weltweit erfolgreichsten Seminare. Es ist Dinners Verdienst, dass die Schweiz heute in Sachen Panflöte in Bukarest einen Namen hat. Aber auch für Dinner selbst war die Zusammenarbeit mit Herford ein Glücksfall, denn auf diese Weise schloss er in den letzten Jahren Bekanntschaft mit mehreren grossen Meistern der Panflöte: „Sie haben mir wertvolle Einblicke ins Wesen der Folklore gegeben.“
Auf der Suche nach den Wurzeln der Musik, die er so liebte, zog es Dinner bald nach Rumänien. Dan Herford nahm den jungen Musiker bereitwillig mit und vermittelte ihm erste Kontakte in die Bukarester Panflötenszene. Heute kennt man ihn dort als den Schweizer, der rumänische Folklore spielt, als flösse rumänisches Blut in seinen Adern. Er hat an mehreren Festivals in Bukarest Auszeichnungen geholt. Er spielte unter der Leitung des Dirigenten Gheorghe Popa, und er trat begleitet vom Orchester von Marin Alexandru auf. Bei Gheorghe Zamfir besuchte er Meisterkurse. „Das hat mir eine neue Welt geöffnet“, erzählt Dinner. „Zamfir hat mich die Philosophie der Panflöte gelehrt.“ Trotzdem ist er bescheiden geblieben: „Wenn ich mit meinem Panflötenspiel einen Meter über dem Boden schwebe, dann sind die grossen Meister auf dem Mond.“
Heute betätigt sich Michael Dinner hauptsächlich als Panflötenlehrer, Verleger von Panflöten-Noten und Panflötenbauer. Er hat auf dem zweiten Bildungsweg an der ZHDK eine musikpädagogische Ausbildung im Fach Panflöte absolviert. Und natürlich gibt er weiterhin von Zeit zu Zeit Konzerte.